Klassik am Meer auf Schloss Gödens – Großer Applaus für Werke von Mozart und Brahms

Im Rahmen der Konzertreihe „Klassik am Meer" im Barocksaal von Schloss Gödens haben die Veranstalter wieder einmal besten Geschmack bewiesen. Vor ausverkauftem Haus erklangen am Dienstagabend, 4. November, zwei Klarinettenkonzerte, die zu den am meisten aufgeführten Kammermusiken gehören dürften. Der erste Teil des Abends gehörte dem Klarinettenkonzert in A Dur KV 581 von Wolfgang Amadeus Mozart aus dem Jahr 1789 und dem 102 Jahre später komponierten Klarinettenquintett in h Moll Op. 115 von Johannes Brahms. Vier kongeniale Streicherinnen – Petra Müllejans, Judith von der Goltz, Nadine Henrichs und Maya Amrein – spielten auf ihren historischen Instrumenten mit Tindaro Capuano im Quintett. Zu Mozarts Zeiten gehörten Klarinetten noch nicht zu den etablierten Instrumenten. Nachdem der Komponist sie das erste Mal gehört hatte, war er von dem Klang, ähnlich dem menschlichen Gesang, und von den Gestaltungsmög- lichkeiten dieses Instrumentes völlig begeistert.


Musikalischer Dialog


Vor allem dürfte es den Komponisten fasziniert haben, dass sich damit Tone von höchster Reinheit wie aus dem Nichts ins Fortissimo entwickeln und Noten ohne Brüche miteinander verschmelzen lassen – wie eine menschlicheStimme es auch kann.Mozart hat seine viersätzige Komposition (Allegro, Larghetto, Menuetto und Allegro con variationi) so angelegt,dass alle Instrumente gleich berechtigt sind. Im Höreindruck ergaben sich jedoch Überraschungen. Entgegender allgemeinen Hörgewohnheit klang Capuanos Klarinette, wohl aufgrund der historischen Bauweise, recht verhalten und dynamikärmer als gewohnt und konnte sich nicht immer gegen die Streichinstrumente durchsetzen. Das galt zum Teil auch beim langsamen traumhaft-melancholischen zweiten Satz, in dem die Klarinette melodieführend von den Streichinstrumenten begleitet und dann mit der ersten Geige in einem zum dahinschmelzenden musikalischen Dialog überging. Der dritte Satz erinnerte an alpenländische Volksmusik mit geschmeidigen Passagen für die Klarinette begleitet von den Streicherinnen, im vierten Satz kostete Mozart in seinem allegretto mit Variationen die ganze Breite menschlicher Emotionen aus . Hier stellten alle Protagonisten ihr spielerisches Konnen und ihre Virtuosität unter Beweis.

Fulminantes Spiel


Vom Charakter ganz anders ist das in Moll gehaltene Spätwerk von Brahms. Diese Musik lässt Bilder entstehen, von einem Spaziergang an einem Herbstnachmittag in einem warmen gelb-orange-farbenen Lichtspiel einer Moorland-schaft. Hier trat Capuanos alternatives Instrument etwas prägnanter in Erscheinung. Im ersten Satz umspielte die Klarinette langsame Melodien der Streichinstrumente mit perlenden Sechzehntelno-ten, wobei dieser Part auch den anderen Musikerinnen zugespielt wird.
Auch in den Nachfolgesätzen zeigten die Musiker mit ihrem fulminanten Spiel ihr ganzes künstlerisches Talent, das mit langem Applaus belohnt wurde. Ein schönes Konzert, dessen Musik so mancher Zuhörer in den Herbstabend mit nach Hause genommen haben dürfte.

Bild und Text: Axel Sawert


Petra Müllejans  (Violine)

Petra Müllejans ist eine vielseitige Musikerin, die nahezu jede Art von Musik liebt und mit Leidenschaft spielt. Beinahe vierzig Jahre war sie Mitglied im Freiburger Barockorchester (FBO), das sie mitgründete, dreißig Jahre als Konzertmeisterin leitete, und mit dem sie weltweit unzählige Konzerte spielte. "Das Zentrum meines Lebens ist die Musik", sagte sie in einem Interview mit der Rheinischen Post.

Der Abschied vom FBO gab Petra Müllejans die willkommene Gelegenheit, sich ihren verschiedenen kammermusikalischen Projekten intensiver zu widmen. Programme mit frühbarocker bis zu romantischer Musik in den unterschiedlichsten Formationen vom Duo bis zum Quintett zeigen ihre große musikalische Bandbreite. Daneben geht sie ihrer Liebe zu Tango und Klezmermusik als Geigerin des Ensembles „Hot & Cool“ bereits seit mehr als zwanzig Jahren nach.
Petra Müllejans’ Zugang zur Musik ist geprägt von der immer neuen Suche nach der Rhetorik in der Musik, nach einer sich am historischen Vorbild orientierenden, aber dann am Ende doch zutiefst persönlichen und subjektiven Aussage. Diese Sichtweise vermittelt sie seit 25 Jahren auch mit großer Hingabe ihren Studierenden an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main im Rahmen ihrer Professur für Barockvioline.


Judith von der Goltz (Violine)

In einer weit verzweigten Musikerfamilie aufgewachsen, studierte Judith von der Goltz in Luzern, Freiburg, Amsterdam und Hannover. Schon früh entdeckte sie die Liebe zur Alten Musik und vertiefte ihre Studien in historischer Interpretationspraxis bei Mechthild Karkow und Mayumi Hirasaki. Auch Persönlichkeiten wie Eva-Maria Pollerus und Michael Schneider setzten wesentliche Impulse in Judith von der Goltz‘ Auseinandersetzung mit dem Kosmos „Alte Musik“.

Ihr Repertoire reicht kaleidoskopartig vom Frühbarock bis in die Gegenwart, wobei Judith von der Goltz regelmäßig sowohl am Konzertmeisterpult als auch in Ensemble-Positionen spielt, sei es im Ensemble Reflektor, der Bachstiftung St. Gallen oder dem Freiburger Barockorchester, in das sie 2022 als festes Mitglied aufgenommen wurde.

Nicht zuletzt formt die Kammermusik ihr künstlerisches Profil. In den unterschiedlichsten Besetzungen findet sie hier Raum, mit historischer Spielpraxis zu experimentieren – immer mit dem für sie essenziellen Anspruch, eine Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit in der Musik und im Spiel zu finden. In Sälen wie der Berliner Philharmonie, der Liederhalle Stuttgart und der Kölner Philharmonie war sie ebenso zu Gast wie bei den Salzburger Festspielen und dem Beethovenfest Bonn.


Nadine Henrichs (Viola)

Nadine Henrichs erhielt ersten Unterricht im Alter von elf Jahren in Hannover und begann nach dem Abitur ihr Studium bei Professor Martin Dehning an der Musikhochschule Münster. In dieser Zeit machte sie erste Erfahrungen mit der historischen Aufführungspraxis und war so fasziniert, dass sie 2008 an die Hochschule für Künste Bremen wechselte, um sich dort bei Professor Thomas Albert auf das Studium der Barockvioline zu konzentrieren.
Schon seit Beginn ihres Studiums hat Nadine Henrichs mit großer Leidenschaft in diversen Kammermusikprojekten gespielt, seit der Bremer Zeit beschäftigt sie sich darüber hinaus intensiv mit der Barockviola. Mit ihrer CD „Delicacy“, auf der sie Werke aus dem 18. Jahrhundert für Viola einspielte, erfüllte sie sich 2023 einen langjährigen Wunsch: Es ist ihr ein Herzensanliegen, die Barockviola aus ihrem Nischendasein emporzuheben.

Nadine Henrichs konzertiert regelmäßig mit namhaften Orchestern und Ensembles wie dem Freiburger Barockorchester, Vox Luminis, La Cetra, Capricornus Consort Basel oder dem Ensemble Odyssee sowie in diversen internationalem Kammermusikgruppen in ganz Europa.
Sie spielt auf ihrer eigenen Barockviola, die von Johann Georg Thir 1775 in Wien gebaut wurde.


Maya Amrein (Cello)

Die Schweizerin Maya Amrein wuchs in Zug auf und erlangte in Winterthur bei Markus Stocker und in Bern bei Peter Hörr Lehrdiplom und Konzertreife. Danach studierte sie an der Schola Cantorum Basiliensis bei Christophe Coin, zudem belegte sie Meisterkurse bei renommierten Musikern der historischen Aufführungspraxis wie Jaap ter Linden und John Holloway.

Konzerte mit namhaften Orchestern und Ensembles wie Le Concert des Nations (Jordi Savall), Cantus Coelln (Konrad Junghänel), dem Freiburger Barockorchester, Les Plaisirs du Parnasse und dem Capricornus Consort Basel führten Maya Amrein auf Podien in ganz Europa. Auch bei verschiedensten Aufnahmen für diverse Labels stellte sie ihre Spielkunst unter Beweis. Als Continuo-Cellistin war sie langjährig an Theatern im In- und Ausland tätig.
Mit dem gefragten Schweizer Musik und Komponisten Rudolf Lutz verbindet die Cellistin eine langjährige Zusammenarbeit – früher im Bach-Chor St.Gallen und im Kammerensemble St.Gallen, heute als Cellistin der J. S. Bach-Stiftung in Trogen. Nicht zuletzt unterrichtet Maya Amrein mit Leidenschaft an der Hochschule Luzern und an verschiedenen Musikschulen.


Tindaro Capuano (Klarinette)

Nach seinem Abschluss mit Auszeichnung am Musikonservatorium „Guiseppe Verdi“ in Turin setzte der Italiener Tindaro Capuano sein Studium an der Wiener Hochschule für Musik bei Peter Schmidl und am Conservatoire Supérieure in Genf bei Thomas Friedli fort. Seine Leidenschaft für Alte Musik und Philologie führte ihn außerdem zum Studium der Frühklassischen Klarinette an der Schule für Alte Musik in Venedig in der Klasse von Lorenzo Coppola.
Während seines Studiums in Genf wurde Tindaro Capuano der "Premier Prix“ für sein virtuoses Können verliehen. Darüber hinaus sammelte er Auszeichnungen bei nationalen Wettbewerben, war 1997 Halbfinalist beim 53. Internationalen Wettbewerb in Genf, erhielt 1998 den zweiten Preis beim 7. Internationalen Wettbewerb von Dos Hermans (Sevilla) und den dritten Preis beim 23. Valentino Bucchi International Competition in Rom im Jahr 2000.
Tindaro Capuano spielte bereits in verschiedenen namhaften Ensembles wie Les Arts Florissants, Le Cercle de l'Harmonie, Ensemble Zefiro, Europa Galante und Accademia Bizantina. Derzeit arbeitet er als erster Klarinettist mit dem Ensemble Il Giardino Armonico, dem Freiburger Barockorchester und der Tafelmusik Baroque.

Zahlreiche teils preisgekrönte Aufnahmen mit bedeutenden Ensembles für Alte Musik wie dem Stagione Frankfurt unter Lorenzo Coppola, Il Giardino Armonico unter Giovanni Antonini und dem Freiburger Barockorchester belegen sein virtuoses Können auch auf historischen Instrumenten.