Das war ein wirklich außergewöhnliches Chorkonzert am Mittwochabend im Rahmen der Konzertreihe „Klassik am Meer“ in Sillenstede. Der Chor „Vox Luminis“ präsentierte in der St.-Florian-Kirche unter Leitung von Lionel Meunier die „Klagelieder des Propheten Jeremias“ von Orlando di Lasso und nach einer Pause die „Missa Papae Marcelli“ von Giovanni Pierluigi da Palestrina. Der Chor ist auf den großen Bühnen der Welt zu Hause – ein Bravourstück der Organisatoren Thorsten Johann und Helmut Bär, diesen Chor zu verpflichten.

Überwältigender Stimmumfang

Das Konzert wurde mit den alttestamentarischen Klageliedern eingeleitet. In den lateinisch gesungenen Klageliedern betrauert Jeremias den Fall und die Verwüstung Jerusalems im Jahre 587 vor Christus. Als ungewöhnlich fiel dabei die Aufstellung der Choristen auf, die sich im Kreis direkt vor dem Altar aufbauten. Der erste Höreindruck der vier Sopran- sowie zwei Altstimmen, vier Tenöre und vier Bässen war überwältigend. Das lag unter anderem an der tragfähigen und transparenten Akustik der Kirche.

Die Sänger fokussierten so, dass auch leise Töne überall im Raum vernehmbar waren. Kernige, sonore tiefe Bässe standen klaren Tenören und silbrig strahlenden Alti und Sopranen gegenüber. Dass keine der Stimmen dominierte, außer wenn es der Notentext erforderte, sorgte für einen geschlossenen Gesamteindruck. Die sehr dicht gesungenen Akkorde wurden immer wieder durch auf- und absteigende Tonfolgen in den einzelnen Stimmen bereichert.
Nach der Pause erklang die Messe Palestrinas vor dem Chorraum. Ein besonderes Werk, war Mehrstimmigkeit im 16. Jahrhundert zwar schon bekannt, jedoch nicht im kirchlichen Raum.

Geschlossener Gesamteindruck

Dort waren nur einstimmige gregorianische Gesänge erlaubt. Marcellus II. lehnte Musik und erst recht mehrstimmige Messen ab, erst Palestrina hat ihn vom Gegenteil überzeugen können. Nachvollziehbar – denn unterschiedliche Teile dieser Messe vom Kyrie bis zum Agnus Dei hatten alle ihren eigenen, unverwechselbaren Charakter. Auch die Ausgestaltung der Musik mit an- und abschwellenden Lautstärken und langsamen Wechseln dürfte mit das Geheimnis gewesen sein, den Spannungsbogen über die teils 45-minütigen Darbietungen zu halten. Dafür gab es am Ende von den rund 200 Zuhörern lang anhaltenden Applaus.

Text: Axel Sawert