Auftakt von »Klassik am Meer« mit »musikalischer Voliere« in der Kunsthalle
Aus der »Wilhelmshavener Zeitung«, 17. Juli 2023 | von Henning Karasch | Fotos: Jenny Rosentreter
Eine große Freude war das Eröffnungskonzert des 20. Musikfestivals »Klassik am Meer« in der Kunsthalle Wilhelmshaven. Initiator Torsten Johann, am Cembalo und an der E-Orgel zu erleben, sowie Violinistin Veronika Skuplik öffneten ihren Gästen ihre »Musikalische Voliere« und ließen sie teilhaben an Meisterwerken des 17. und 18. Jahrhunderts, die die Eigenarten der Vogelwelt aufgriffen. »Selten passte ein Konzert so gut«, meinte denn auch Kunsthallenleiterin Petra Stegmann. Widmet sich die Kunsthalle doch noch bis zum 10. September unter dem Titel »Gezwitscher« der Welt der Vögel.
Veronika Skuplik und Torsten Johann war die Vorfreude anzusehen, ihre 20. Jubiläumssaison in der Kunsthalle eröffnen zu können. Torsten Johann erinnerte an die erschwerten Bedingungen der Coronajahre. Es habe Doppelkonzerte mit jeweils reduzierter Gästezahl gegeben. »Nun sind wir seit Tagen ausverkauft. Das macht Mut!«, betonte Johann. Bevor es mit der Pastorella von Heinrich Ignaz Franz von Biber losging, erinnerte der Cembalist dankbar an den kürzlich verstorbenen Manfred Szobries, Gründungsmitglied und Mitgestalter von »Klassik am Meer«. Es gebe keine professionellen Musiker seiner Generation aus Wilhelmshaven, die nicht bei Manfred Szobries im Leistungskurs Musik waren.
Dem dynamischen Auftaktstück folgte die »Sonata Cucu« von Johann Heinrich Schmelzer, worin der Kuckuck gleich in den ersten Takten fröhlich ausrief und die Violine ein frühlingshaft heiteres Vogelgezwitscher anstimmte. Es folgten zwei musikalische Nachtigallen: Einmal als Cembalosolo von Alessandro Poglietti, wobei Torsten Johann den Nachtigallenschlag mit raschen Tonwiederholungen und Trillern meisterhaft imitierte. Zum anderen in »Engels Nachtegaeltje« von Jacob van Eyck, einem bravourösen Violinensolo, das den Raum erfüllte und so ganz im Kontrast zur postmodernen Architektur stand. Veronika Skuplik stand bei »Fantasie-Echo« zwischen den von Matthias Garff geschaffenen Riesenvögeln der Ausstellung, während ihr Torsten Johann mit Orgelklängen antwortete. Es folgte Antonio Vivaldis Distelfink, arrangiert von Veronika Skuplik.
Nach diesem Genuss ging es humorvoll mit der Beschreibung des Huhns nach Jean Philippe Rameaus durch Torsten Johann weiter. Für Georg Friedrich Händels »Sweet Bird« korrespondierte die Violinistin erneut mit dem Organisten von der Empore aus. Das Spiel war so rasch, dass Veronika Skuplik beinahe das Cembalosolo »Les Barricades Mystérieuses« von François Couperin unterschlagen hätte. Als grandiosen Schlusspunkt hatten Torsten Johann und Veronika Skuplik die variantenreiche »Sonata Representativa Avium« gewählt. Dieses Werk, das zum Komponisten des Konzertauftakts zurückführte, nahm nicht nur zahlreiche Anleihen bei der Vogelwelt. Es erweckte auch Frosch und Katze zum Leben. Der Beifall war außerordentlich und wurde mit einer virtuos vorgetragenen Zugabe belohnt.
Text: Henning Karasch | aus der »Wilhelmshavener Zeitung«, 17. Juli 2023
Fotos: Jenny Rosentreter
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